Wir glauben, dass es nicht so weiter gehen kann mit der heutigen Fleischerzeugung. Wie wir Fleisch produzieren und behandeln, bedarf einer Revolution – und einiger Fragen, die wir uns stellen sollten.
Etwa: Müssen wir in Deutschland durchschnittlich 1, 2 kg Fleisch wöchentlich essen oder reichen nicht 400 bis 600 g auch? Ist das Fleisch, das wir essen, gut genug? Oder ist es anonymes Fleisch, das hauptsächlich billig sein soll, und das mit fragwürdigen Methoden produziert wurde?
Denken wir auch mal an das Tier, das für Ihre Nahrung sein Leben gelassen hat? War das Leben gut? Und das Futter? Oder gab es Soja aus Südamerika? Vielleicht denken wir auch an den Transport des Tieres an den Schlachthof, wo es getötet wurde. Ist es angstfrei und nach den Regeln der Handwerkskunst eines guten Metzgers vom Leben in den Tod befördert worden? Vielleicht sollten wir mal die Zeit nehmen und nachforschen, wo die Tiere herkommen, die wir essen. Und vielleicht macht es Sinn, zu einer Einkaufsquelle zu wechseln, die sicher ist, nah und nach biologischen Kriterien arbeitet. Und vielleicht kann man ja einen Ort finden, wo man das Fleisch direkt vom Erzeuger kauft?
Wie kochen wir Fleisch? Möchten wir verstehen, was genau mit einem Stück Braten in der heißen Röhre passiert, und warum ein Fleisch besser schmeckt, wenn man es nach dem Braten eine Viertelstunde ruhen lässt? Oder was genau passiert, wenn wir ein schönes Kochfleischstück langsam über Stunden mit feinen Aromen simmern lassen? Ein bisschen anderes Kochen, als man es schon immer macht, bringt tolle Effekte.
Sind wir mit dem Fleisch sparsam? Wir meinen nicht knauserig, sondern dass man aus Fleischabschnitten noch etwas Gutes macht, anstatt es wegzuwerfen. Man trägt so der Tatsache Rechnung, dass ein Tier hat sterben müssen, um unser Fleisch zu liefern.
Sind wir mutig genug, auch Neues zu probieren? Versuchen wir auch mal, ein ungewöhnliches Stück zuzubereiten – auch die preiswerten, die mit anderen Texturen unseren Mund füllen . So könnten wir eventuell weniger ausgeben und gleichzeitig besser essen. Mit Hilfe neuer Rezepte, die nicht kompliziert sind, sondern anders und aufregender.
Auf eine festprogrammierte und tiefverwurzelte Art und Weise ist es normal, dass wir Fleisch essen. Trotzdem müssen wir uns immer fragen: Ist es moralisch korrekt, dies zu tun? Um uns mit Fleisch zu ernähren, müssen wir töten. Viele subjektive und manchmal simplifizierende Meinungen gibt es in beiden Lagern. Zum Beispiel, dass wir seit Tausenden von Jahren jagen, töten und Tiere essen. Oder dass unsere Darwin´schen Vorfahren, die Gorillas, reine Pflanzenfresser seien. Jeder muss sich entscheiden, ob sie oder er Fleisch essen möchte oder nicht. Als Individuum sind wir in der Lage, auf Fleisch und tierische Erzeugnisse zu verzichten, als Menschheit womöglich nicht: wie sollten sich die Samen, die Inuit, die Eskimos oder die Tuareg ernähren? Wie sollten die riesigen mageren Grünlandflächen der Welt anders sinnvoll bewirtschaftet werden, wenn nicht mit Tieren?
Wir sollten das Kochen und das Essen in vollen Zügen genießen, denn beides gehört zu den größten Privilegien, die wir in unserem kurzen Leben hier auf der Erde haben. Fleisch, so denke ich, gehört dazu. Allerdings: davon weniger, aber deutlich besser und am besten in Bio-Qualität. Das könnte eine Antwort auf die Fragen sein.
Ihr Georg Schweisfurth